Ein Film vom (Austin, Texas Independent Media Center) tourt durch Europa:
Paramilitärische Übergriffe auf Indígenas in Mexiko und die neoliberale Globalisierung – Der gemeinsame Feind (“El Enemigo Común”)
Zu den Hintergründen eines Films von Simon Sedillo
Präsentiert vom Austin Independent Media Center
Simon Sedillo tourt mit seinem Film gerade durch Europa –
Mehr Infos zur Tour und zum Film (booking!):
Neoliberalismus bedeutet nicht nur soziale, kulturelle, politische, ökonomische und psychologische, sondern auch militärische Okkupation. Es ist ein System, das Genozid bedeutet für Völker, die mit ihren traditionellen Lebensformen nicht in eine ökonomische Formel passen. Für die, denen dieses politische und wirtschaftliche System aufgezwungen wird und die dagegen Widerstand leisten und sich dagegen wehren, dass natürliche und menschliche Ressourcen zur Ware gemacht werden. Wenn diese Menschen sich organisieren, reagieren Regierungen mit Gewalt. Sie reagieren mit Militarisierung und mit Paramilitarisierung von Zivilbevölkerung. Stämme werden ausgebildet und bezahlt, damit sie andere Stämme angreifen und töten.
(Originalton: http://radio.indymedia.org/en/node/9260)
Diese Worte besitzen in Mexiko immer noch eine erschreckend wahre Gestalt. Bis zum heutigen Tag werden Indigene der Willkür und Gewalt mexikanischer Behörden und Paramilitärs ausgesetzt. Einschüchterung, Unterdrückung politischer Rechte, Verhaftungen, Folter und Massakrierungen sind traurige Wahrheit in Oaxaca, Chiapas und anderen Bundesstaaten. Trotz der gewaltsamen Maßnahmen gibt es Widerstand gegen die Repression. Indigene Farmer und Bürgerrechtler organisieren sich in Bündnissen und kämpfen weiterhin für ein Leben in Würde, Gerechtigkeit und Frieden. Für ein Mitbestimmungsrecht an Entscheidungen, die ihr Leben und ihre Existenz maßgeblich beeinflussen, für echte Demokratie, für Selbstbestimmung, für Autonomie. Es sind lokale, indigene Formen eines globalen Kampfes gegen einen gemeinsamen Feind.
Simon Sedillo, internationaler Menschenrechtsaktivist, community organizer und Filmemacher aus Austin, Texas hat diesen Kampf von 2002 -2005 mit Herz und Kamera begleitet. „El Enemigo Común / The Common Enemy“ gibt Einblick in die verschiedenen Facetten des Widerstandes.
4 Jahre arbeitete und lebte Sedillo mit Menschen der Organisation COMPA (Coordinadora Oaxaqueña Magonista Popular Antineoliberal) in Oaxaca, Mexiko zusammen. Das Bündnis gründete sich 2002 als Reaktion auf die Festnahme von 17 Dorfbewohnern (darunter Kinder und eine Frau), die als Sündenböcke dienen sollten für ein blutiges Massaker, das von maskierten Angreifern in der Gemeinde Agua Fría an 26 indigenen Farmern begangen wurde. Dieses Vorgehen ist üblich für Übergriffe in der Region. Häufig sind es Paramilitärs, die von den lokalen Regierungen unter Gouverneur Ulises Ruíz ausgebildet und finanziert werden.
Zusammen mit anderen Menschenrechtsaktivisten und Bürgerrechtlern besetzten Sedillo und die COMPA das state capitol von Oaxaca. 30 Tage lang verhaarten sie dort, um ihrem Protest gegen die Verhaftung Ausdruck zu verleihen und die Freilassung der unschuldig verhafteten zu fordern. Nach 3 Monaten andauernden Auseinandersetzungen mit den Behörden wurden Sedillo und vier andere Aktivisten mit US-Staatsbürgerschaft verhaftet – sie hatten sich als Ausländer durch ihre Teilnahme an politischen Aktivitäten nach Mexikanischen Recht strafbar gemacht. Sedillo musste das Land verlassen und kehrte danach mehrmals auf illegalem Wege nach Mexiko zurück um seine Arbeit mit den Organisationen fortzusetzen. Vertreter des COMPA wurden ebenfalls verhaftet und einige der Männer saßen teilweise unschuldig bis zu 2 Jahren im Gefängnis. Der Druck von Menschenrechtsaktivisten wie Sedillo in Zusammenarbeit mit dem Austin Independent Media Center, Indymedia.org, The Rhizome Collective und Dr. Noam Chomsky, führte schließlich zur Freilassung aller 17 für das Massaker angeklagten und drei weiterer COMPA Vertretern. Allerdings sind die COMPA Aktivisten bis heute Schikanen und politischer Unterdrückung und Verhaftungen ausgesetzt.
COMPA sieht sich als Stimme marginalisierter indigener Gruppen in Oaxaca und als Repräsentation ihrer Rechte. Es geht um den Erhalt ihrer Kultur, um ihre Autonomie. Diese Autonomie beinhaltet Strukturen gesellschaftlicher Organisation die über Jahrhunderte gewachsen sind und die wesentlich älter sind als politischer und ideologischer Konzepte wie Sozialismus oder Anarchismus oder auch des Zapatismus.
Bei ihren Mobilisierungen marschieren Hunderte von Gemeindemitgliedern bewaffnet mit der symbolischen Machete für Frieden, Würde, Autonomie und Gerechtigkeit, für Wasser, Land, Nahrung und Wohnungen, für eine Gesundheitsversorgung, für Bildung. Sie marschieren gegen den Plan Puebla Panama, gegen industrielle Großprojekte, vorangetrieben durch neoliberale Freihandelszonen wie die NAFTA oder die CAFTA und deren Auswirkungen auf Mexikanische Farmer. COMPA marschiert aus Protest gegen die Vertreibung von ganzen Gemeinden, gegen Folter, ’Verschwindenlassen’, Vergewaltigung und Mord, gegen den mexikanischen. Polizeistaat, seine Paramilitärs und deren Massaker.
Und mit ihnen marschieren Tausende überall auf der Welt. In den Jahren 2002 bis 2005 dokumentiert Sedillo mit seiner Kamera nicht nur Übergriffe auf Indigene und Konfrontationen mit mexikanischen Behörden. Sedillo reiste zu verschiedenen Orten und filmte lokale Formen eines globalen Widerstandes. So erzählt „El Enemigo Común“ nicht nur von Mexiko, stattdessen wird der Zuschauer auch Zeuge bedrückenden Szenen der Proteste in Miami gegen die FTAA und in Cancún gegen die WTO im Jahr 2003. Bilder extremer Militarisierung und erschreckend brutalen Vorgehens der Polizei gegen die Demonstranten sind Ausdruck einer neoliberalen Politik, die hinter verschlossenen Türen gemacht wird und repressiv auf Formen radikalen Protestes reagiert. Dieser Protest richtet sich gegen die totale Ökonomisierung von menschlichen und natürlichen Ressourcen, dagegen, dass Kapital und Profit, die Demokratie und Freiheit unterdrücken.
Ob mit Macheten in Mexiko oder gegen Molotows in Miami – Sedillo eröffnet mit seinem Film alternative Perspektiven und stellt verschiedene Formen des Widerstandes in einen größeren Zusammenhang. Es ist der eines gemeinsamen, internationalen Kampfes gegen den gemeinsamen Feind – den Neoliberalismus.
Watch the Trailer!
https://www.indybay.org/newsitems/2006/02/26/18049141.php
Link zu einem Teil im Film über paramilitärische Übergriffe im Juni 2005:
houston.indymedia.org
Mehr Infos zu Hintergründen:
“State Repression and Indigenous Resistance in Oaxaca”
https://www.indymedia.org/es/2005/02/112933.shtml (Englisch)
https://www.indymedia.org/es/2005/02/112966.shtml (Deutsch)
http://sandiego.indymedia.org/en/2002/07/1944.shtml
Noticias Oaxaca
noticias-oax.com.mx
amnesty.de
Andere Bündnisse:
Alianza Magonista Zapatista
espora.org/amz
Consejo Indígena Popular de Oaxaca “Ricardo Flores Magón” – CIPO RFM
laneta.apc.org/rio/cipo
nodo50.org/sobrera/sindicatos/alicante/campanas/indios_magonistas.htm
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